Der Workshop-Reiseveranstalter artistravel, für den ich tätig bin, hat mich gefragt, ob ich interessiert wäre, in Venedig einen Fotokurs durchzuführen. Natürlich war ich interessiert und habe sofort zugesagt, obwohl ich noch nie in der alten Lagunenstadt war. Der Kurs mit dem Titel „Venezia die Notte“ kann hier gebucht werden.
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Also war es klar, daß ich die Stadt besuchen müßte, bevor ich mit der Workshop-Gruppe dort auf Erkundungstour gehe. Venedig zum Fotografieren und nicht nur zum Knipsen zu besuchen, ist allerdings eine Herausforderung, die nicht ganz ohne ist. Teilt man sich doch mit rund 28 Millionen Touristen jährlich die attraktivsten Motive der Stadt. Da kann es schon mal ein bisschen eng werden und man fragt sich: „Venedig Fotos ohne Touristen – geht das?“
Dafür schien mir die Woche vor Weihnachten sehr geeignet – es gibt zu dieser Zeit weniger Touristen als sonst in Venedig und da ich am 23. Dezember abgereist bin, wurde ich auch von den rapide steigenden Hotelpreisen zu Weihnachten und Sylvester verschont. Und ich muss sagen, die Reise hat sich wirklich sehr gelohnt. Venedig hat ja fast ganzjährig Hochsaison, aber November, Dezember und Januar sind optimal, will man den Touristenmassen zumindest ein bisschen entkommen. Die folgenden Venedig Foto Tipps geben einen kleinen Eindruck von meinen Erfahrungen dort als Fotograf und helfen vielleicht, einen eigenen, individuellen Blick auf die Stadt zu entwickeln.
Anreise
Angereist bin ich mit meiner „Lieblings-Airline“ Easyjet ab Basel, in rund einer Stunde ist man dort. Etwa eine weitere Stunde braucht „alilaguna“, der maritime Flughafenshuttle, der den Flughafen „Venedig Marco Polo“ mit dem eigentlichen Stadtzentrum verbindet. Eine schöne kleine Bootstour, bei der man schon einige andere Inseln wie Murano und San Michele kurz im Vorbeifahren kennen lernen kann. An die Bootsfahrt schließt sich meist noch ein kurzer Trip mit dem Vaporetto (Wasserbus) oder ein Fußweg oder beides an, je nachdem, wo in Venedig man sein Domizil bezogen hat. Venedig ist ja eine autofreie Stadt und so läuft man dort viel mehr als anderswo, nur die größeren Entfernungen lohnen sich mit den Vaporettos zurück zu legen.
Öffentlicher Nahverkehr
Wie es in dem wundervollen Kinoklassiker „Eins, Zwei, Drei“ von Billy Wilder so schön heißt, „… stehen ja in Venedig bekanntlich alle Straßen unter Wasser!“. Der öffentliche Nahverkehr in Venedig wird deshalb im wesentlichen durch verschiedene Boote abgewickelt. Neben privaten Wassertaxis und dem Flughafenshuttle zu Wasser gibt es einen zuverlässigen Linienverkehr mit den sogenannten Vaporettos, den Wasserbussen. Jedoch sind viele interessante Ziele nicht per Boot zu erreichen. Dafür bleiben dann nur zwei Verkehrsmittel übrig: der linke und der rechte Fuss!
Ort
Über Venedigs berühmte Sehenswürdigkeiten noch viele Worte zu verlieren, ist sicher nicht notwendig. Jeder hat den Markus-Platz, die Rialtobrücke und den Dogenpalast schon gesehen, jeder kann sich etwas unter einem Gondolieri vorstellen und jeder weiß, dass die Stadt berühmt ist für ihre Unmenge an Tauben. Wo also geht’s hin, wenn man den typischen Touristenmotiven entfliehen möchte?
Mich hat sehr das Sestiere (Stadtteil) Castello beeindruckt. Die Region um das leider nicht zugängliche Arsenal, dem restaurierten Werft- und Hafengelände ist ein ruhiges Viertel mit stillen, alten Gassen, wenig Touristen und authentischen Kneipen und Bars. Man kann sich dort einfach mal treiben lassen und so viele kleine Details und ursprüngliche Atmosphäre Venedigs abseits der großen Touristenströme einfangen. Aber auch Cannaregio hat seinen Charme und sobald man von den Hauptverkehrsachsen weg kommt, wird es richtig idyllisch. Ruhige kleine Wohnviertel, kleine Gärten, winzige Kanäle, Werkstätten und auch dort kleine Kneipen, in denen sich die Handwerker, Künstler und Nachbarn zu einem Glas Wein, einem Schwätzchen oder einem Imbiss treffen.
Und noch etwas: Im Hotel, in dem ich gewohnt habe, bin ich allein schon dadurch aufgefallen dass ich 5 (!) Nächte dort gewohnt habe. Der normale Venedig-Besucher kommt nur für eine Nacht, um die Stadt kennen zu lernen. Da kann man sich leicht vorstellen, welche Ecken der Stadt von den „Standard-Touristen“ aus China, USA, Russland oder Japan nie besucht werden können, weil sie neben Markusplatz, Rialtobrücke, Dogenpalast und Souvenirshopping einfach nicht die Zeit haben, mehr zu sehen!
Ausserdem müssen die Besucher von den Kreuzfahrtschiffen ja am Abend wieder an Bord sein zum Captains Dinner, da werden die Gassen dann auch etwas leerer und später, wenn in Venedig Zeit zum Abendessen ist und danach, werden zumindest in den Wintermonaten viele Plätze und Straßen deutlich ruhiger. Eine gute Zeit zum Fotografieren also …
Ausflugsziele
San Michele
Die Insel San Michele iim Osten Venedigs ist die letzte Ruhestätte der Venezier, dort befindet sich ein alter Friedhof, er beherbergt unter anderem das Grab Igor Strawinskis.
Murano
Murano ist die bekannte Glasbläserinsel, man erreicht sie schnell mit dem Vaporetto ab der Station „Fondamente de Nove“, sie bietet sich auch als Zwischenstation nach Burano an. Wenn man Glück hat, entdeckt man eine offene Tür zu einer der Glasbläserwerkstätten und kann den Handwerkern bei der Arbeit zusehen – und sie vielleicht sogar fotografieren!
Mehrere Manufakturen bieten neben ihren Showrooms auch offizielle Glasbläservorführungen an und wie ich hörte, ist das Fotografieren nicht immer erlaubt. Ansonsten ist Murano eine idyllische kleine Insel und es lohnt sich, durch die Gassen und entlang den Kanälen zu schlendern, um Fotomotive zu finden. Je weiter man sich von den Glasbläsereien entfernt, um so weniger Inselgäste versperren einem die abwechselungsreichen Motive. Das Fotografieren auf dem kleinen Inselfriedhof ist allerdings nicht gestattet.
Burano
Die etwa 10 km von Venedig entfernte Insel ist berühmt durch ihre bunten Fischerhäuser und mit dem Vaporetto ab der Station „Fondamente de Nove“ erreichbar. Auf dem Weg dort hin kann man auch leicht einen Zwischenstopp auf der Glasbläserinsel Murano einlegen. Die Insel ist vergleichsweise ruhig und auf Grund der vielfarbigen Architektur bei Fotografen ebenso wie bei Malern sehr beliebt. Die Häuser sind fast alle in unterschiedlichen, leuchtenden Farben gestaltet, bei sonnigem Wetter entsteht ein intensiv leuchtendes Farbenmeer mit unzähligen Motiven.
Eine nette kleine Bar und Trattoria auf Burano ist „SU e ZO“ zentral gelegen in der Via San Mauro. Es gibt Pizza, kleine Speisen und natürlich Fisch.
SU e ZO
Via San Mauro 55
30012 Burano (Venezia)
Ausrüstung
Mein Lieblingsobjektiv auf Reisen, das AF-S Nikkor 24-120 mm 4,0 G ED an der Vollformatkamera Nikon D750 hat in Venedig in den meisten Fällen meine Anforderungen voll erfüllt. Anders, als in anderen Städten kommen in Venedig aber immer wieder auch sehr lange und sehr kurze Brennweiten zum Zuge.
Der Grund? Gassen und Plätze sind extrem eng, so dass ein 15-18mm Weitwinkel an der Vollformatkamera oft die einzige Möglichkeit ist, die großartige alte Architektur vollständig zu erfassen. Einziger Nachteil dieser Objektive, man braucht unendlich viel Geduld, bis der große Bildwinkel halbwegs frei von Menschen im Vordergrund ist! Ja und das 300er? Ganz einfach: oft gibt es auf der gegenüberliegenden Seite des Kanals, an dem man gerade steht, ein interessantes Motiv. Aber Canale Grande oder Canale Giudecca sind einfach zu breit für kürzere Brennweiten, will man nicht nur eine Totale aufnehmen, so dass hier mein altes 300/4,5 ED Nikkor häufiger zum Einsatz kam. Ideal ist für diese (Reise-)Zwecke natürlich das AF-S Nikkor 300/4,0 E PF ED VR, es ist mit knapp 15 cm Länge sehr klein und mit rund 750 g leicht und hat eine großartige Bildqualität. Leider hat es auch seinen Preis …
Für Momente, in denen das Licht für diese Objektive nicht reicht, habe ich immer die kleine Festbrennweite, das AF Nikkor 50 1,4 D dabei. Es ist ein sehr lichtstarkes Objektiv mit hoher Qualität zu einem günstigen Preis, das es so auch von anderen Herstellern, wie Canon, Sony, Pentax etc. gibt. Noch günstiger ist die Version, die ich jedem empfehle, der für ein sehr kleines Budget ein lichtstarkes Objektiv haben möchte. Das AF Nikkor 50 1,8 D ist für gut 100,- € zu haben, auch für Canon, Sony oder Pentax Anschluss. Bei dem Zoomobjektiv sind allerdings die Nikon-Fotografen im Vorteil, denn vergleichbare Objektive zum 24-120/4,0 anderer Marken, wie Canon oder Sigma decken nur den Brennweitenbereich von 24-105 mm ab.
Der meines Wissens einzige professionelle Fotofachhändler Venedigs hat zum Jahresende 2016 sein sehr zentral im Sestiere San Marco gelegenes Geschäft geschlossen. Natürlich gibt es zahlreiche auf touristische Bedürfnisse abgestimmte kleine Läden, in denen man notfalls eine Speicherkarte o.ä. kaufen kann. Man sollte aber daran denken, dass es schwierig werden dürfte, ein vergessenes Ladegerät für eine spezielle Kamera, Ersatzakkus oder gar vergessene Objektive, Stative oder Kameras zu erwerben. Da hilft dann vermutlich nur der Amazon Prime Service!
Was ist in der Fototasche:
Nikon D750 (24 MPx Vollformatkamera)
AF-S Nikkor 24 – 120 / 4,0 G ED
D-Nikkor 50 / 1,4
Nikkor IF-ED 300 / 4,5
Ersatzakku EN-EL15
Phottix Funkauslöserset WXD-188 m. Kabel
Stativ Giottos Vitruvio Aluminium (ähnl. Sirui T-005X Traveller)
LowePro Kamerahandschuhe (WICHTIG! Ich hasse Kälte!)
… das ganze passt in meine Lieblingsfototasche:
Vanguard UP-Rise 38
Empfehlungen – Hotels, Restaurants, Shopping etc.
Natürlich habe ich hier nicht die Möglichkeit, eine auch nur halbwegs angemessene Übersicht der gastronomischen Angebote der Stadt zu präsentieren. Ich beschränke mich daher auf die von mir besuchten und wie ich finde empfehlenswerten Hotels und Restaurants.
Hotel Canaletto ***
Tausende Hotels und Restaurants machen die Wahl in Venedig nicht einfach. Das Hotel hat man ja meist von zuhause aus schon reserviert, so hab’ ich’s auch gemacht. Meine Wahl mit booking.com viel auf das Hotel Canaletto mitten im Herzen Venedigs im Sestiere (Stadtteil) San Marco. Jeweils nur etwa 250 m von der Rialtobrücke und dem Markusplatz entfernt, ist es optimal und doch sehr ruhig gelegen.
Das familiär geführte Hotel im ehemaligen Wohnsitz des berühmten venezianischen Malers Canaletto ist eingerichtet im Stile des 18.Jahrhunderts Venedigs, mit Stukkaturen, Stoffbespannungen an den Wänden und prunkvollen Leuchten aus Muranoglas. Daneben gibt es natürlich auch alle modernen Annehmlichkeiten wie Klimaanlage/Heizung, TV, Telefon, Minibar, Zimmersafe und WLAN auf allen 38 Zimmern.
Die Rezeption ist rund um die Uhr besetzt, das Personal ist sehr freundlich und bemüht, einem jeglichen Wunsch zu erfüllen und jede Hilfe zu gewähren, die man während seines Aufenthaltes dort benötigt. Auch das Frühstück ist für südländische Verhältnisse mehr als üppig und enthält für jeden Geschmack etwas, egal ob man lieber deftig englisch, leicht französisch, süss oder gesund mit Müsli, Obst und Joghurt bevorzugt. Und der Cappucino ist natürlich über jeden Zweifel erhaben!
Hotel Canaletto ***
Castello, San Lio 5487
30122 Venezia
T +39 (0)41 5220518
www.hotelcanaletto.com
info@hotelcanaletto.com
Da Mamo
Das Da Mamo ist eine Trattoria. Sie ist eng, sie ist voll, sie ist laut – und sie ist gut! Während vor manchen Restaurants in der Nachbarschaft die Kellner vor der Tür stehen, um die Gäste herein zu locken, stehen vor dem Da Mamo die Gäste Schlange, um auf einen frei werdenden Platz zu warten. Das wird seinen Grund haben! Also warte auch ich im Dezember 10 Minuten, um einen Platz zugewiesen zu bekommen. Ich möchte nicht wissen, was hier in der Hochsaison los ist …
Aber trotz des vollen Hauses und der Hektik ist das Personal sehr freundlich, der Gruß aus der Küche eben so schnell wie alles Andere und das Essen sehr lecker (Pizza, Tiramisu etc.).
Trattoria Pizzeria Da Mamo
San Marco, Calle dei Stagneri 5251
30124 Venezia
T +39 (0)41 523658
www.damamo.it
info@damamo.it
Ai Barbacani
Ich will ja nicht sagen, das „ai Barbacani“ sei ein Geheimtipp in Venedig, dazu liegt es zu zentral im Stadtteil San Marco. Aber es liegt doch immerhin in einer kleinen Seitengasse soweit ab von den großen Touristenströmen, dass nicht jeder Venedigbesucher automatisch gleich in dieses wunderschöne, kleine, alte Gemäuer stolpert. Sehr geschmackvoll mit vielen alten Kleinigkeiten eingerichtet, vermittelt es eine gemütliche Atmosphäre inmitten der quirligen Stadt.
Das Essen (Bressaola mit Rucola, Scaloppine, Rosmarinkartoffeln etc.) war ebenso hervorragend wie das entspannte Ambiente und die gastfreundliche Bedienung, es ist sicher eine Adresse, bei der in belebteren Zeiten eine Reservierung notwendig ist (ich war im Dezember da). Ich komme gerne wieder hin!
Montags geschlossen.
Ristorante ai Barbacani
Calle del Paradiso
Castello 5746
30122 Venezia
T +39 (0)41 5210234
www.ristorante-ai-barbacani.it
barbacani@liberio.it
Osteria ai do pozzi
Die kleine und einfache Osteria ai do pozzi habe ich bei einem nächtlichen Fotoausflug im Sestiere Arsenal entdeckt. Hier ist die Atmosphäre noch ursprünglich, Touristenströme wird man hier weniger antreffen, als an den Hotspots Venedigs. Es gibt einfache kalte und warme Vorspeisen sowie kleine Gerichte und eine Auswahl an Getränken, die Preise sind für venezianische Verhältnisse günstig.
Täglich von 09:00 bis 02:00 Uhr geöffnet.
Osteria ai do pozzi
Calle de la Muneghete 2614
30122 Venezia
T +39 (0)41 5207141
Literatur-Tipp
In welcher Stadt, wenn nicht in Venedig, ist der Marco Polo Reiseführer das adäquate Nachschlagewerk für seinen Fototripp, denn der 1254 geborene Kaufmannssohn und Weltreisende stammt aus Venedig.
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